Prämierung AIV Bauwerk des Jahres 2018
U-Bahn-Haltestelle Elbbrücken
Zur Würdigung der erfolgreichen Zusammenarbeit von Architekten, Ingenieuren und Bauherrn vergibt der AIV-Hamburg seit 1979 jährlich die Auszeichnung BAUWERK DES JAHRES.
Die feierliche Verleihung der Auszeichnungen erfolgte in diesem Jahr am 24. Oktober 2019 unter Anwesenheit von Frau Senatorin Dr. Stapelfeldt.
LAUDATIO
Das neue Quartier "Elbbrücken" wird den östlichen Abschluss des Stadterweiterungsgebietes HafenCity bilden. Hier am Baakenhafen entsteht in naher Zukunft ein bedeutender und moderner Stadtteil Hamburgs in verdichteter Bauweise. Hochhausstrukturen mit urbaner Qualität werden das Stadtbild rund um die Elbbrücken prägen. Eine der Grundvoraussetzungen für die Entwicklung einer wachsenden Stadt ist eine dem Fortschritt folgende Erweiterung der Infrastruktur und des öffentlichen Nahverkehrsnetzes.
Aus heutiger Sicht war es sicherlich eine richtige Entscheidung der Beteiligten, die Baumaßnahmen für die Erweiterung der U-Bahnlinie U4 vorzuziehen und für den U-Bahnhof "Elbbrücken" frühzeitig einen Wettbewerb auszuloben. Dieser Wettbewerb wurde 2013 von den Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro schlaich bergermann partner (sbp) gewonnen und anschließend baulich umgesetzt.
Durch den Vorschlag der Planer, die Bahntrasse aus Ihrer unterirdischen Lage auf einer oberen Ebene unter einem Glasdach "auftauchen" zu lassen, werden die komplexen Anforderungen an die vorgegebenen Funktionen und an die gestalterischen Ansprüche gleichermaßen intelligent wie vorbildlich erfüllt.
Funktional stellt der parallel zu den Elbbrücken gelegene neue Bahnhof in erster Linie den zentralen Ein- und Ausstiegspunkt für den neuen Stadtteil "Elbbrücken" dar. Darüber hinaus bildet er mit der oberirdischen Anbindung an den späteren S-Bahnhof in Form eines modernen, verglasten Skywalks eine attraktive Umsteigemöglichkeit für die Fahrgäste. Gestalterisch reagiert das Bauwerk mit seiner transparenten Stahl-Glas-Konstruktion sensibel auf die Besonderheiten des Ortes, des Genius Loci. Sowohl die exponierte Lage am Wasser und an den Elbbrücken, wie auch die räumliche Situation im zukünftig verdichteten Stadtraum werden durch das Bauwerk intensiv erlebbar gemacht.
Der Hauptbaukörper besteht - leicht ablesbar - aus einem massiven Sockelbereich und einer darauf ruhenden filigranen, gewölbten Stahl-Glasdach-Konstruktion. Er bildet damit sowohl ein Brückenbauwerk über die querende Uferstraße wie auch ein Brückenauflager für die zukünftig geplante Weiterführung der U-Bahnlinie U4 als "Sprung" über die Elbe. Die Dachkonstruktion nimmt respektvollen Bezug auf die bestehenden Ingenieurbauwerke der benachbarten Elbbrücken mit Ihren weitgeschwungenen Stahlbögen und übersetzt diese im Sinne zeitgemäßer Ingenieurkunst in eine moderne Formensprache. Imposante, spitz zulaufende Dachauskragungen ergeben sich - wie selbstverständlich - aus der Geometrie des rautenförmigen Röhrentragwerks und schließen das Gebäude an den offenen Enden harmonisch ab.
Den Konstruktionsprinzipien folgt eine ebenso klare Nutzungsstruktur. Der großzügige Hallenraum ist übersichtlich erfassbar und bietet auch dem ortsunkundigen Fahrgast eine sehr gute Orientierung. Verkehrsströme werden in Kenntnis erforderlicher Bewegungsflächen sinnfällig und leicht nachvollziehbar gelenkt.
Ticketschalter und weiteren Nutzungen sind als kubische Einbauten neben den Bahngleisen auf der unteren Ebene positioniert. Über weithin sichtbare Treppen-, Rolltreppen- und Aufzugsanlagen erreicht der Fahrgast sowohl die Bahnsteige wie den weiterführenden Skywalk zum zukünftigen S-Bahnhof.
Der offene Innenraum wirkt durch die verwendeten Materialien und Oberflächen hochwertig, langlebig und aufgeräumt. Funktional erforderliche Einbauten und Ausstattungen werden unauffällig in wenige einfache Elemente integriert. Notwendige Beschilderungen werden auf ein Minimum reduziert. Die indirekte, blendfreie Beleuchtung unterstützt die für einen derartigen Verkehrsbau ungewöhnlich beruhigende Atmosphäre und lädt zum Verweilen ein. Einen attraktiven Abschluss der Bahnsteige bildet zudem die abgerundete Aussichtsterrasse mit Elbblick, die zukünftig einer Verlängerung der Linie U4 Richtung Süden weichen könnte.
Das Tragwerk der 136m langen, 32m breiten und 16m hohen Überdachung ist als Korbbogen aus sich rautenförmig kreuzenden Stahlträgern konzipiert. So entsteht eine den Kraftverläufen folgende, statisch optimierte Netzstruktur, die mittels gelenkiger Kreuzungsfußpunkte auf dem Sockelbauwerk auflagert. Um den Stahlbau-Charakter in der äußeren Wahrnehmung zu unterstreichen, befindet sich die segmentierte Glashülle als Wetterschutz bewusst auf der Innenseite des Tragwerks. Die Treppen- und Brückenkonstruktionen der oberen Übergänge werden als anspruchsvoll gestaltete filigrane Stahlbauelemente in den Hallenraum eingestellt und geben so den Blick zum Glasdach frei.
Mit dem neuen U-Bahnhof der Linie U4 ist den Beteiligten ein wertvoller Beitrag für die Entwicklung der Stadt Hamburg gelungen . Der prägnante eigenständige Verkehrsbau präsentiert sich als gestalterisch attraktives und funktional hochwertiges "Eingangstor" zum neuen Stadtteil "Elbbrücken". Die perfekte Symbiose zwischen vorbildlicher Architektur und moderner Ingenieurleistung hat die Jury des AIV Hamburg bewogen, dieses bis ins Detail beeindruckende Bauwerk einstimmig als Bauwerk des Jahres 2018 auszuzeichnen.
Herzlichen Glückwunsch an den Bauherrn und an die beteiligten Architekten und Ingenieure. Dipl.-Ing. Architekt Dominik Reh, Oktober 2019
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Hamburg, 24.10.2019